Der 14-jährige Golden Retriever  Prinz war bereits seit einiger Zeit Patient in unserer Praxis und zeigte verschiedene milde neurologische Auffälligkeiten und eine therapierte Schilddrüsenunterfunktion. Sonst galt Prinz als lebensfroher und glücklicher Rentnerhund.

Zunächst ging es Prinz lange gut mit dieser Therapie, doch plötzlich wendete sich das Blatt: Seine Besitzer fanden ihn hilflos im Vorgarten- Beet, Prinz hatte sich mehrfach erbrochen, er hielt den Kopf extrem schief, war nicht in der Lage sich zu koordinieren, konnte weder stehen noch gehen, überschlug sich und zeigte ein starkes Augenzittern (sog. Nystagmus). Ein wirklich schrecklicher Anblick für die Besitzer. Und auch für unser Team ist es immer wieder eine emotionale Herausforderung, ein Tier so hilflos zu sehen. Nach eingehender allgemeiner und neurologischer Untersuchung, stand schnell die Verdachtsdiagnose Vestibularsyndrom im Raum.

Das Vestibularsyndrom ist eine Erkrankung des Gleichgewichtssinnes. Orientierungslosigkeit, Gangstörungen, Nystagmus, Übelkeit und Kopfschiefhaltung sind typische und heftige Anzeichen. Gerne wird dies als Schlaganfall oder Tumorleiden fehlinterpretiert. Es tritt vor allem bei älteren Hunden „idiopatisch“ auf und kann bei entsprechender Behandlung vollständig ausheilen.

Patienten wie Prinz benötigen neben einer stationären und physiotherapeutischen Betreuung vor allem Zeit, um ihre ausgefallenen Fähigkeiten wieder zu erlernen. Prinz hat viel Glück, denn seine Besitzer haben von Anfang an gesagt, er solle diese Chance bekommen. Gemeinsam haben wir entschieden: Alter ist keine Krankheit und nicht jede Krankheit hat im Alter eine schlechte Prognose.

Also wurde Prinz stationär aufgenommen. Er musste für den Harn- und Kotabsatz täglich mehrfach nach draussen getragen und auch von Hand gefüttert werden. Zudem bekam er Infusionen (um die Durchblutung zu fördern), seine Schilddrüsentablettendosis wurde angepasst und er bekam Medikamente gegen Übelkeit, zur Gefäßerweiterung und ganz viel Liebe. Im nächsten Schritt bekam er mehrmals täglich Physiotherapie mit manuellen Übungen, Stromtherapie und  Schwimmübungen im Wasserbecken, denn Prinz konnte weder Stehen noch Gehen. Kein leichtes Unterfangen bei einem 45kg-Hund.

Das gesamte Team hat sich eine Woche lang intensiv um Prinz gekümmert- wirklich alle waren dabei und haben geholfen, wieder laufen zu Lernen, gehoben, gebadet, gefüttert, den Pool gereinigt, das Fell geföhnt, gekuschelt und gebangt.

Mit jeder kleinen Pfotenbewegung im Wasser, mit jedem angedeuteten Schritt, mit jedem Tag, an dem Prinz nicht mehr allzu „schief aus der Wäsche schaute“, stieg im Team und auch bei den Besitzern, die ihn mehrfach besucht haben, die Motivation JETZT ERST RECHT.

Prinz kämpfte eine ganze Woche lang (man muss bedenken in Menschenjahren ist Prinz über 90! Jahre alt). Er hatte einen unglaublichen Willen, sodass er am Ende der ersten Woche bereits einige Schritte gehen konnte und seine Besitzer in der Lage waren, ihn zu Hause weiter zu betreuen.

In Woche zwei brachten ihn die Besitzer dann täglich zur Physiotherapie. Und nun läuft er wieder schwanzwedelnd in unsere Praxis, hat wieder einen eigen (wenn auch noch leicht schiefen) Retrieversturkopf und ist wieder ein fröhlicher alter Hund.

Wir waren mehrfach zu Tränen gerührt, weil ohne ein solches spitzenmäßiges Team, einen so charakterstarken Hund und so viel Vertrauen von so lieber Besitzer, hätte es kein Happy End für Hund und Mensch gegeben.

Prinz ist wieder einer dieser FELLE, der uns jeden Tag bestärkt in dem, was wir alle so gerne tun: Tieren in Not helfen und das Unmögliche möglich zu machen.

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